Beschka 60 Jahre später…
In den ersten 20 Jahren nach dem Kriege – etwa bis 1965 – wollte kaum ein vertriebener Deutscher überhaupt seinen Geburtsort Beschka sehen. Tito weigerte sich, dem von der Sowjetunion geführten „Warschauer Pakt“ beizutreten und suchte auf der politischen Bühne eine gewisse Annäherung an die paktfreien Staaten. Dadurch wurden die Grenzen seines Staates etwas durchlässiger, und so zog es doch in sporadischen Intervallen manchen Beschkaer in seinen Geburtsort zurück. Es war allerdings nicht ungefährlich, weshalb man sich eher heimlich in dem Dorf bewegte und sein früheres eigenes Haus nur im Vorbeifahren unauffällig anschaute oder fotografierte. Um die Mitte der 80-er Jahre wagten es Beschkaer Besucher immer öfter, sich bei den jetzigen Besitzern ihrer Häuser zu melden und bei entsprechendem Entgegenkommen der serbischen Bewohner sogar bescheidene Kontakte zu knüpfen.
In die verlassenen Häuser der Deutschen wurden ab 1945 serbische Familien aus den wirtschaftlich benachteiligten Regionen Jugoslawiens – z. B. aus Bosnien-Herzegowina und Mazedonien, aber auch Serben aus Kroatien – angesiedelt. Sie wurden zunächst in ein sozialistisches Kolchosensystem eingebunden. Später erschien es politisch klug, den Menschen in Jugoslawien eigenes Haus- und Grundeigentum zu ermöglichen. Nach Titos Tod (1980) geriet der Staat Jugoslawien infolge von ökonomischen Problemen schrittweise in Auflösung. In diesem Prozess spielte die Verteilung der finanziellen Mittel zwischen den Teilrepubliken Jugoslawiens eine Rolle. Nationalistische Strömungen regten sich in Kroatien, und die Serben beanspruchten bestimmte Vorrechte für sich. Vor allem setzten sie die jugoslawische Volksarmee für ihre eigenen Interessen ein und verursachten den so genannten „Balkankonflikt“, der ab 1991 mit dem Krieg in Slowenien begann , sich im Kroatienkrieg (1991-1995) und im Bosnienkrieg (1992-1995) fortgesetzt und schließlich zum Kosovokrieg (1999) geführt hat, der das Eingreifen der NATO gegen Serbien notwendig machte.
Erst ab dem Jahr 2000 wurden die Grenzen des neu entstandenen Staates Serbien allmählich durchlässiger, auch für die Deutschen mit „donauschwäbischem“ Hintergrund. Es gab Schiffsreisen nach und durch Serbien bis zum schwarzen Meer, und immer öfter fuhren frühere Beschkaer mit ihren Privatautos in ihr ehemaliges Geburtsland. 2004 fuhr auch ich in Begleitung meiner Frau Ursula und mit einem Großcousin aus der Familie Heib nach Beschka. Weil ich noch immer gut Serbisch spreche, kam ich nicht nur mit fragenden jungen Leuten auf dem Marktplatz ins Gespräch, sondern lernte auch den „einheimischen“ Serben Dusko Lupurovic kennen. Der war ein leitender Mann des serbischen Heimatvereins „Altes Beschka“ und befasste sich als Autor auch mit der Geschichte der Deutschen, die von 1860 bis zu ihrer Flucht und Vertreibung 1944 in Beschka gelebt haben.